Erster Arbeitsschritt: Spinnen

Aller Anfang ist schwer. Beim Spinnen kann man sich den aber durch die Verwendung eines Vorfadens erleichtern. Für den Anfang ist es am leichtesten ein ca. 75 cm langes Stück einer nicht zu dünnen gekauften Wolle zu verwenden. Dieses wird direkt über der Wirtel um den Spindelstab geknotet und dort unten einige Male um den Stab gewickelt. Dann führt man es über die Wirtel zum unteren Ende des Spindelstabes, legt es darum herum und führt es wieder über die Wirtel zurück, diesmal zum oberen Ende des Stabes. Dort, in Höhe der Kerbe, legt man eine halbe Schlinge um den Spinnstab (siehe Abbildung) und franst den Faden am verbleibenden Ende (es sollten über der Spindel noch einige Zentimeter übrig bleiben) etwas aus.

Bei der Kopfspindel wird der Faden unterhalb der Wirtel festgeknotet und einige Male dort oben um den Spindelstab gewickelt. Dann führt man ihn um die Wirtel herum und verschlingt Ihn am Oberen Ende des Spinnstabes mit dem sogenannten halben Schlag. Eine genaue Beschreibung wie der geht findet Ihr hier.
Bei Spindeln mit einem Haken am oberen Ende kann man sich das verschlingen sparen, man lässt den Faden einfach durch das Häkchen laufen.


Vorfadenbefestigung (links Fußspindel, rechts Kopfspindel)

Alternativ kann man sich den Vorfaden auch selbst machen, indem man von Hand bzw. durch rollen der Fasern auf dem Oberschenkel ein Stückchen Garn dreht, dass man dann in Höhe der Kerbe um den Spindelstab knotet. Nun spinnt man sich ca. 60 – 70 cm Garn, das man dann wie oben beschrieben um den Spindelstab legt. Das hat den Vorteil, dass man keinen Fremdfaden benötigt und dieser am Ende auch nicht am gesponnenen Garn hängt, allerdings macht diese Methode erst Sinn, wenn man schon etwas geübter mit der Spindel ist.

Zur Übung halten wir nun mit der Nebenhand (bei Rechtshändern also die linke Hand) das ausgefranste Ende des Fadens fest, lassen die Spindel am Faden herunterhängen und drehen sie an, indem wir sie mit der Haupthand (bei Rechtshändern also die rechte Hand) anschubsen. So kann man schon mal ein Gefühl dafür bekommen wie man die Spindel „anschubsen“ muss, damit sie ruhig und lange rotiert.

Ob man die Spindel nun im oder gegen den Uhrzeigersinn dreht ist Geschmacksache, man sollte zum Spinnen aber immer die gleiche Richtung verwenden um nicht durcheinander zu kommen, da man zum Zwirnen in die Gegenrichtung drehen muss. Die meisten Spinner spinnen mit einer Drehung gegen den Uhrzeigersinn (= Z-Drehung) und zwirnen im Uhrzeigersinn (=S-Drehung). Hier gibt es mehr zu den Drehrichtungen.

Neben der Drehrichtung ist auch der Drehungsgrad eines Garnes wichtig, er gibt an wie stark die Fasern verdreht wurden. Näheres dazu hier.

Nach dieser Übung betrachten wir die Fasern mal etwas genauer. Beim Kammzug liegen sie schön in eine Richtung ausgerichtet bereit. Nun reißen wir von unserem Band (also dem Strang aus Fasern) ein Stückchen heraus. Es sollte ca. 30 cm lang und ca. 1-2 cm breit sein. Bitte nicht abschneiden sondern einfach vorsichtig und gefühlvoll aus dem Band herausziehen, denn beim Schneiden würden die Fasern in ihrer Länge gekürzt und wären dann nur noch schwer zu verspinnen.

Als nächstes lockern wir den herausgezogenen Streifen etwas auf, indem wir ihn leicht auseinander zupfen. Später kann man auch direkt aus dem Band oder Vlies spinnen, das erfordert aber etwas mehr Übung, da die Fasern dann stärker aneinander hängen und sich auch einmal verhaken.


vorbereitete Fasern

Den vorbereiteten Streifen nimmt man nun so in die Nebenhand, dass die Fasern im 90°-Winkeln zu den unteren Fingergliedern laufen und zwischen Daumen und Zeigefinger eingeklemmt werden. Sie sollten nach vorne einige Zentimeter über die Finger hinaus stehen, der Rest des Streifens fällt locker über den Handrücken nach unten.


Fasern richtig halten

Nun legt man die Fasern auf das ausgefranste Ende des Vorfadens, parallel zu dessen Fasern, und klemmt den ausgefransten Vorfaden mit zwischen den Fingern ein. Die Haupthand greift nun nach unten zur Spindel und dreht diese an, wie vorher geübt. Der von der sich drehenden Spindel verursachte Drall im Faden wandert nach oben und erfasst die auf das Fadenende gelegten fasern. Diese werden mit dem Fadenende verdreht.


Faserenden unter dem ausgefransten Vorfaden

Die Haupthand greift den Faden mit Daumen und Zeigefinger direkt unterhalb der Nebenhand, drückt etwas zu um den Drall zu bremsen und zieht etwas von den Fasern durch die etwas gelockerten Finger der Nebenhand heraus. Diese Fasern bilden ein Dreieck (Oben an der Nebenhand breit, unten an der Haupthand schmal zusammenlaufend), das so genannte Faserdreieck.


das Faserdreieck beim Handspinnen

Öffnet man nun die Finger der Haupthand leicht, so wandert der Drall des Fadens hinauf ins Faserdreieck und verdreht die neuen Fasern wieder zu einem Garn. Um zu verhindern, dass der Drall auch in den unvorbereiteten Faservorrat hinter den Fingern der Nebenhand hineinläuft werden diese dabei wieder zusammengedrückt. Die Haupthand greift erneut nach oben, zieht wieder Fasern heraus u.s.w. Dieser Vorgang wird so lange wiederholt, bis der entstehende Faden so lang ist, dass die Spindel fast den Boden berührt.

Ist es so weit, wickelt man den Faden auf die Nebenhand, damit er unter Spannung bleibt und seinen Drall nicht verliert. Die Haupthand greift die Spindel, man löst die Schlinge um das obere Ende des Spindelstabes und wickelt den Faden auf den Spindelstab. Man lässt dabei genug Faden übrig um ihn am Ende wieder um die Spindel zu schlingen wie oben abgebildet. Dann greift man die Fasern wieder mit der Nebenhand, lässt die Spindel wieder fallen, versetzt sie mit der Haupthand wieder in Schwung und spinnt weiter wie beschrieben.

Ist der Faservorrat zu Ende, reißt man ein neues Stück aus dem Strang und setzt dieses in derselben Form an, wie beim Vorfaden.

Man fährt mit dem Spinnen fort bis man genug Garn gesponnen hat oder die Spindel voll ist.

So entsteht ein einfaches Garn aus einem einzelnen Faden, das so genannte Dochtgarn. Es ist nicht besonders reißfest. Um ein haltbares, gleichmäßiges Dochtgarn zu Spinnen ist viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung nötig.

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Tipps:

- darauf achten, dass sich die Spindel nicht in die Gegenrichtung dreht, sonst entwirren sich die verdrehten Fasern wieder und das Garn reißt.

- Wenn es anfangs schwer fällt sich bei drehender Spindel auf das Ausziehen der Fasern zu konzentrieren und die Spindel dazu neigt sich zurückzudrehen, so kann man die Spindel andrehen, einige Zeit laufen lassen und dann fixieren (z.B. zwischen die Knie klemmen). Nun kann man Fasern ausziehen wie oben beschrieben, bis der Drall im Faden dazu nicht mehr reicht. Bitte dabei darauf achten, dass der bereits gesponnene Faden unter Zug bleibt, sonst verdreht er sich mit sich selbst.

- Um die Spindel beiseite zu legen einfach ein Stückchen Faden spinnen und dieses mehrmals um den Spindelstab oberhalb der Kerbe wickeln, das letzte Stückchen Faden lässt sich regelrecht zwischen den anderen Wicklungen einklemmen. Zum neu starten den Faden abwickeln und noch einmal etwas verdrehen, ehe neue Fasern angesetzt werden.

Anleitung von: greifenritter